Die Arbeitsgesellschaft 2040: Ein Blick in realistische Zukünfte

Wir von der Advanced Foresight Group sind stolz darauf, vier explorative Szenarien zur Digitalen Arbeitsgesellschaft 2040 für die Abteilung Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales maßgeblich entwickelt zu haben.

Unter dem Titel „Arbeit weiterdenken – Arbeitsgesellschaft 2040“ wurden die vier Szenarien der Öffentlichkeit bei einer Konferenz mit hochrangingen Teilnehmer:innen vorgestellt und im Werkheft 5 der Denkfabrik veröffentlicht. Die Szenarien laden dazu ein, mögliche Zukünfte von Arbeit und Gesellschaft in den Blick zu nehmen und Gestaltungsoptionen zu identifizieren.

Bei den Szenarien handelt es sich nicht um Vorhersagen, die auf Basis von Wahrscheinlichkeiten kalkuliert wurden, sondern um explorativ durchdachte, konsistente Denkmodelle. Die Auswirkungen denkbarer Entwicklungspfade werden sichtbar. So können gewünschte Entwicklungen gefördert und unerwünschte vermieden werden.

In die Szenarien sind nicht nur unzählige Fakten und Gedanken aus Zukunftsstudien und Science-Fiction-Romanen eingeflossen, sondern auch Erkenntnisse aus ausgiebigen Fachgesprächen mit einer Vielzahl von Expert:innen, aus einer repräsentativen Online-Befragung und aus dem intensiven Austausch mit den Auftraggeber:innen aus dem BMAS. Ebenfalls involviert waren in der Abschlussphase unsere Projektpartner:innen vom Institut für Innovation und Technik. Bei allen Beteiligten möchten wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken.

Dr. Stefan Niederhafner von Sudeco konstatiert:

„Es ist wichtig, dass Szenarien konkret erlebbar und vorstellbar werden – dass theoretische Entwicklungen ‚Farbe‘ und Relevanz bekommen. Im Horizon Scanning der Denkfabrik arbeiten wir deshalb immer auch mit herausfordernden oder sogar provozierenden Signalen. Dadurch werden Lesende herausgefordert, sich gegenüber möglichen Entwicklungen zu positionieren.“

Warum wir mit Szenarien arbeiten

Szenarien ermöglichen es, die Komplexität und Unsicherheit der Zukunft nachvollziehbar zu machen. Sie helfen zu verstehen, welche konkreten Auswirkungen heutige Entscheidungen langfristig haben können. Sie tragen dazu bei, Handlungen zielorientierter auszurichten sowie übergeordnete, langfristige Strategien zu entwickeln. Sie machen den Möglichkeitsraum sichtbar, der es erlaubt, über wünschenswerte oder unerwünschte Zukünfte nachzudenken und proaktiv Veränderungen anzustoßen, statt nur auf Ereignisse zu reagieren. Dadurch kann man sich auf unterschiedlichste mögliche Entwicklungen vorbereiten, Handlungsspielräume erhalten oder neu schaffen, und so flexibler und zielorientierter agieren.

Dr. Bernhard Albert von Foresight Solutions sagt:

„Ich liebe die Arbeit mit Extremszenarien, weil sie an den Rändern unserer Erwartungen liegen. Sie machen den ganzen Möglichkeitsraum sichtbar und befähigen uns unbequeme Wahrheiten und unliebsame Entwicklungen als Veränderungsbotschaften zu verstehen. Das ermöglicht es, aus der Rolle des Getriebenen oder des passiven Beobachters, der keinen Einfluss auf den Lauf der Dinge nehmen kann, in die Rolle des Gestalters zu kommen, der dazu beiträgt, wünschenswerte Zukünfte zu erschaffen.“

Die vier Szenarien

Globale Pandemien, Klimawandel, Europas Position in der Weltwirtschaft, die digitale Transformation und neue Technologien – all diese Faktoren verändern unsere Gesellschaft tiefgreifend. Dass derartige Veränderungen unsere Arbeitswelt und unser soziales Gefüge beeinflussen, ist offensichtlich. Welche langfristigen Wirkungen sie zeitigen, ist weniger gewiss. Die eben genannten Ereignisse und eine Vielzahl weiterer Faktoren spielten bei der Entwicklung der vier Zukunftsszenarien der Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft eine zentrale Rolle. In jedes dieser Szenarien sind mögliche Ausprägungen dieser Faktoren eingeflossen.

1. Die smarte Maschinen-Gesellschaft

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der smarte Maschinen und Künstliche Intelligenz (KI) allgegenwärtig sind. In dieser hochautomatisierten und effizienten Gesellschaft erledigen Maschinen nicht nur die harte Arbeit, sondern treffen auch komplizierte Entscheidungen – natürlich immer unter menschlicher Aufsicht. Das Leben ist bequem und sicher, mit neuen Jobs vor allem in der IT, im Gesundheitswesen, in der Pflege und im Sicherheitssektor. Doch weil die Menschen alles den Maschinen überlassen, lässt die Innovationskraft immer weiter nach und wirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Entwicklung stagnieren.

2. Die Plattform-Gesellschaft 

In der Plattform-Gesellschaft läuft fast alles über digitale Plattformen. Die Erwerbsarbeit, der Einkauf oder die sozialen Kontakte – alles findet online statt oder wird digital organisiert. Das klingt zwar flexibel und spannend, bringt aber gerade einige Herausforderungen mit sich. Die Kernbelegschaften schrumpfen, währen die überwiegende Zahl der Menschen im ständigen Wettbewerb miteinander ihre Arbeitskraft projekt- und auftragsbezogen über Plattformen anbieten müssen. Diese Lebensweise bietet zwar Freiheiten, führt aber zugleich zu sozialer Unsicherheit und wachsenden psychischen Belastungen.

3. Der Netzwerkkapitalismus

Große, transnationale Unternehmensnetzwerke haben das Sagen. Sie bieten ihren Mitgliedern wirtschaftliche Stabilität, Gemeinschaft und Identität. Sie verfügen über hervorragende private Bildungsangebote, ein eigenes Gesundheitssystem und sichern die Existenz. Doch es gibt Schattenseiten: Die Konzentration von Macht und Ressourcen schafft für Menschen außerhalb und an den Rändern dieser Netzwerke erhebliche Ungleichheiten und begrenzt die Möglichkeiten staatlicher Eingriffe und staatlicher Steuerung deutlich.

4. Die ressourceneffiziente Gesellschaft

In der ressourceneffizienten Gesellschaft ist es nach einer durchlebten tiefen Krise gelungen, den Klimawandel in den Griff zu bekommen. Durch strenge Regeln und gesellschaftliche Veränderungen hat sich ein Lebensstil etabliert, der die Umwelt schont. Diese Gesellschaft legt großen Wert auf ökologische und soziale Gerechtigkeit. Wohlstand basiert nicht mehr nur auf materiellen Aspekten, vielmehr steht das Wohl der Gemeinschaft im Vordergrund.

Wir von der Advanced Foresight Group haben mit diesen vier Szenarien eine solide Basis für intensive Diskussionen zur Gestaltung der Arbeitsgesellschaft geschaffen. Dabei hat es die Zusammenarbeit mit verschiedenen Partner:innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ermöglicht, gemeinsame Wahrnehmungen der Risiken und der Chancen zu erarbeiten, die in der Zukunft liegen. Entstanden sind konkrete Visionen, die Lust auf die Gestaltung von Zukunft machen, und Menschen in partizipativen Gestaltungsprozessen zusammen bringen.

Aus der Advanced Foresight Group haben Dr. Bernhard Albert von Foresight Solutions und Dr. Stefan Niederhafner von Sudeco an den Szenarien gearbeitet.

Eine ausführliche und illustrierte Fassung der Szenarien finden Sie im Werkheft 05: Wie werden wir künftig arbeiten?